Björn Lakenmacher, MdL

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„Aus Kollegen werden Kranke“

Wohnungseinbrüche, Auto-Diebstähle, Rockerbanden, die sich breit machen: Besonders in Wahlkampfzeiten präsentieren sich die Parteien gerne als Gralshüter der „Inneren Sicherheit“. So auch am Montagabend, als die lokalen Vertreter von Christ- und Sozialdemokraten beinah zeitgleich zum Bürgergespräch zu dem Thema baten. Auf den Podien fanden sich aber nicht nur Parteipolitiker, sondern auch Polizeivertreter.

Ein zentrales Thema beider Veranstaltungen war die laufende Polizeireform in Brandenburg, in deren Zuge die Zahl der Beamten im Land von derzeit rund 8500 auf 7300 im Jahr 2020 sinken soll. Zur Sprache kam auch der jüngste Vorschlag der Potsdamer SPD, das Ordnungsamt stärker mit polizeilichen Aufgaben zu betrauen.

Den Anfang machte am Montagabend die Potsdamer CDU. Deren Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl im September, Katherina Reiche, hatte ins Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte geladen, sich dann aber wegen Krankheit entschuldigen lassen. Als Gäste erschienen unter anderem der Leiter der Polizeidirektion West, Peter Meyritz, sowie Peter Neumann von der Brandenburgischen Polizeigewerkschaft.

Mit heftiger Kritik an der von SPD und Linkspartei geführten Landesregierung eröffnete Björn Lakenmacher den Abend: „Diese sogenannte Polizeireform ist eine ,Personalabbau-Reform’“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Nicht die sicherheitspolitischen Bedürfnisse des Landes, sondern der reine Sparwille hätten bei der 2009 beschlossenen Reform im Vordergrund gestanden.

Die im vergangenen Jahr von 197 auf 212 Fälle gestiegene Zahl von Wohnungseinbrüchen in Potsdam diente Lakenmacher als Beleg für die negativen Auswirkungen der Reform. Auch die Überalterung der Belegschaft und der Frust unter den Beamten führte der CDU-Politiker ins Feld. „Auch wenn erst 2014 eine Zwischenbilanz gezogen wird, fest steht schon jetzt, dass die Reform gescheitert ist.“

Kein gutes Haar ließ Lakenmacher auch am jüngsten Vorschlag der Potsdamer SPD, das Ordnungsamt auch am Wochenende und in den Nachtstunden ausrücken zu lassen, etwa bei Ruhestörungen. Die Ordnungsbeamten hätten weder die Ausbildung noch die Ausrüstung, die es für polizeiliche Aufgaben brauche.

Rückendeckung für seine Kritik an der Polizeireform hatte sich Lakenmacher vielleicht vom Chef der Polizeidirektion West erhofft, allerdings vergeblich. „Die Reform war nötig“, so Peter Meyritz. „Mit den alten Strukturen waren wir den heutigen Aufgaben nicht mehr gewachsen.“ Eine politische Vorgabe, die Zahl der Beamten auf 7000 zu drücken, habe es nicht gegeben. Insgesamt sei die Modernisierung der Brandenburger Polizei auf einem guten Weg, zumal bis 2020 noch Zeit für Verbesserungen sei.

Dass viele Polizisten gleichwohl unter den aktuellen Veränderungen litten, bestätigte Peter Neumann: „Die Reform macht aus vielen Kollegen Kranke“, so der Gewerkschafter. Durch den hohen Krankenstand – in Potsdam liegt er derzeit bei 37 Tagen pro Jahr und Beamtem – sei eine Teambildung schwierig: „Viele wissen morgens nicht mehr, mit wem sie an dem Tag auf Streife gehen.“ Burnout sei unter den Kollegen kein Fremdwort mehr.

In der Biosphäre bekam kurze Zeit später Innenminister Dietmar Woidke Gelegenheit, die Reform zu verteidigen. Dorthin hatte die Potsdamer SPD ihren Genossen aus der Landesregierung eingeladen. Mit der Neuorganisation reagiere man auf die Bevölkerungsentwicklung in Brandenburg. Immer weniger Menschen würden auf dem Land leben, während etwa die Gemeinden im Berliner Umland stark wüchsen: „Das heißt, wir brauchen mehr Präsenz im Land als in den Städten, wo die Polizei ohnehin stark vertreten ist“, so Woidke.

Der Minister strebt eine Quote von einem Revierpolizisten für bis zu 4500 Land- und 7000 Stadtbewohner an. Bundesweit liege das Verhältnis bei eins zu 12 000.

Auch bei der SPD ging es um das Thema Einbruchskriminalität. Die gestiegene Zahl der Fälle liege im Rahmen der üblichen Wellenbewegung, sagte dazu der stellvertretende Leiter der Polizeidirektion West, Andreas Backhoff. In den Jahren 2003 und 2007 habe es mehr Wohnungseinbrüche gegeben: „Potsdam ist sicher, auch wenn das Sicherheitsempfinden der Menschen oft ein anderes ist.“ (Von Martin Küper/MAZ)