Björn Lakenmacher, MdL

Nicht Schröters Affäre?

Dienstwagen: Seit 2014 Hinweise auf Straftaten

Potsdam - In Brandenburgs Innenministerium lagen in der Dienstwagenaffäre um die stellvertretenden Landesbranddirektoren – darunter Carsten Pranz, Ex-Büroleiter von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) – weitaus früher klare Hinweise auf Rechtsverstöße vor als bislang bekannt. Dennoch schritt das Innenministerium nicht ein.
Bereits im Oktober 2014 gab es im Ministerium Verdachtsmomente auf mögliche Straftaten wie Untreue. Konkret geht es um widerrechtliche Privatfahrten mit Dienstwagen. Das räumte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Donnerstag auf mündliche Anfrage der CDU-Fraktion im Landtag ein. Dennoch hielt das Ministerium – immerhin zuständig für Einhaltung von Recht und Ordnung im Land – damals laut Schröter strafrechtliche oder disziplinarrechtliche Schritte gegen die Landesbranddirektoren nicht für angebracht. Vielmehr hätte sich die zuständige Fachabteilung für eine weitere vertiefte Prüfung entschieden. Anzeige Recommendations powered by plista Anzeige Ein Jahr später – im September 2015 – hätten dann, wie die PNN bereits berichteten, mit einem Abschlussbericht Anhaltspunkte für „möglicherweise strafrechtlich relevantes Fehlverhalten“ vorgelegen, sagte Schröter. Dennoch sei das Ministerium davon ausgegangen, dass auch das „kein hinreichender Anlass“ war, um die Staatsanwaltschaft einzuschalten, erklärte der Minister nun. Vielmehr seien nach den Ergebnissen der Stichproben nun „weitere Jahre“ einer Tiefenprüfung unterzogen worden – „um ein vollständiges Bild zu gewinnen“. Dies habe dann zu dem bekannten Ergebnis geführt: Im April zog Schröter die Dienstwagen ein, kippte die entsprechende Dienstanweisung für den Landesbranddirektor und seine Stellvertreter – und er schaltete die Staatsanwaltschaft ein. Die prüft nun den Fall. Wenn ein Anfangsverdacht vorliegt, könnte sie Ermittlungen wegen Betrugs aufnehmen. Dies sei aus Gründen der Sorgfaltspflicht erst dann möglich gewesen, sagte Schröter. „Es geht hier um Ehrenbeamte, und bevor ehrenamtliche Arbeit zum Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wird, muss ein hinreichender Verdacht vorliegen“, sagte er. Schröters Antworten, sein Auftritt und die CDU-Anfrage waren in jeder Hinsicht bemerkenswert. Mehrere CDU-Abgeordnete hakten nach der Auftaktfrage des Innenexperten Björn Lakenmacher mehrfach nach. Insgesamt nahm die Dienstwagenaffäre in diesen vorab gründlich konzipierten Frage-Antwort-Spiel rund 20 Minuten der mündlichen Fragestunden ein, die CDU-Abgeordneten nutzten ihre Rechte geschickt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Thomas Domres, warf der CDU daher den Missbrauch der Fragestunde und die Missachtung des Fragerechts der Abgeordneten vor. Schröter ließ zahlreiche Fragen unbeantwortet, etwa warum das Ministerium beim Abschlussbericht vom September 2015 nicht die Antragsfristen für mögliche Straftatbestände im Blick hatte und keinen Strafantrag wegen „Unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs“ stellte. Bei seinen Antworten wurde Schröter sogar von Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) ausbremst. Immerhin sagte Schröter: Das Ministerium wende sich an die Staatsanwaltschaft bei ausreichend gewichteten Anhaltspunkten, aber „nicht, wenn irgendein Vermerk an irgendeiner Akte angebracht ist“. Wer Vorgänge in Ministerium kennt, weiß: Beamte machen derlei Vermerke nicht umsonst, sondern um sich abzusichern – für später. Damit ihnen niemand vorwerfen kann, sie hätten nicht auf mögliche Rechtsverstöße hingewiesen. Die Frage bleibt: Warum wurden sie nicht gehört? Warum lief der Rechtsverstoß einfach weiter?