Björn Lakenmacher, MdL

Dienstwagenaffäre in Brandenburg

Betrug und Urkundenfälschung

Die Dienstwagenaffäre der Landesbrandmeister weitet sich aus: Erstmals erklärt das Innenministerium, welchen Verdacht es im Fall des Ex-Büroleiters von Ministerpräsident Woidke gibt. Und die Frage steht im Raum: Haben Ministerielle die Aufklärung ausgebremst?
Potsdam - Jetzt ist es offiziell: Der Ex-Büroleiter von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) steht in Verdacht, Betrug und Urkundenfälschung begangen zu haben. Das geht aus einer schriftlich nachgereichten Antwort von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) auf mündliche Anfragen von CDU-Abgeordneten in der letzten Sitzung des Landtags vor der Sommerpause Mitte Juli hervor. Erstmals räumt Schröter damit öffentlich ein, wie schwer die Dienstwagenaffäre um den Ex-Büroleiter und stellvertretenden Landesbrandmeister Carsten Pranz wiegt. Er soll seinen Dienstwagen zu Unrecht privat genutzt und dabei auch noch die Fahrtenbücher gefälscht haben. Woidkes Büroleiter wurde auf Rechtslage hingewiesen Bislang hatte Schröter sich mit derartigen Angaben zurückgehalten. Nun offenbarte er sogar, dass Pranz, der Landesbrandmeister, und ein weitere Vize vom Ministerium im Jahr 2014 bereits auf die klare Rechtslage hingewiesen wurden. Dass sie nämlich ihre Dienstwagen nicht privat nutzen dürfen, also auch nicht für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle. Zudem seien sie zum ordnungsgemäßen Führen der Fahrtenbücher angehalten worden. Außerdem verweist Schröter darauf, dass Pranz dies auch ohne den Hinweis des Ministeriums hätte wissen müssen. Die Dienstkraftfahrzeugrichtlinie des Landes Brandenburg sei „für jeden öffentlich im Internet abrufbar“, erklärte der Minister. Zudem sei in der Dienstanweisung für die Wagen der Landesbranddirektoren klar auf die Richtlinie explizit hingewiesen worden. Nach Auffassung des Ministeriums „liegen nach dem letzten Überprüfungsergebnis Anhaltspunkte für eine nicht sachgerechte Nutzung der Dienstkraftfahrzeuge vor“, teilte Schröter mit. Deshalb seien auch Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Wie berichtet hatte Schröter die Wagen im April – zur Hochzeit der Dienstwagenaffäre von Ex-Justizminister Helmuth Markov (Linke) – eingezogen. Woidke ließ daraufhin seinen Büroleiter fallen, der musste zurück ins Innenministerium. Zugleich hatte Schröter die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) eingeschaltet. Die sieht zumindest einen Anfangsverdacht, will den Fall aber wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit an die Staatsanwaltschaft Potsdam abgeben. Die prüft die Übernahme noch. Hinweise auf Straftaten gibt es seit 2014 Fest steht, dass seit Juni 2014 – also noch vor der Landtagswahl – Hinweise auf die Dienstwagenaffäre in einer Prüfmitteilung des Landesrechnungshofes vorlagen. Konkret gab es laut Schröter "Hinweise auf mögliche Abweichungen (...) von den Regelungen der Dienstkraftfahrzeugrichtlinie" des Landes. "Seitdem finden sich in den Akten der zuständigen Abteilung meines Hauses erste Hinweise auf Verdachtsmomente mit möglicherweise strafrechtlich relevantem Bezug". Nach mehreren Hinweisen an Pranz und weiteren Prüfungen legte das zuständige Fachreferat des Ministeriums dann im September 2015 einen Abschlussbericht zu der Affäre vor. Auch da lagen, so hatte es Schröter eingeräumt, der zuständigen Fachabteilung „Anhaltspunkte für ein möglicherweise auch strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vor“. Doch anstatt einzuschreiten, wurde weiter geprüft. Schröter lässt viele Fragen offen Nicht beantwortet hat Schröter nun die Frage, warum das Ministerium nicht sofort einschritt. Denn es lag auch – so räumt er es ein – Verdacht auf den Straftatbestand „Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs“ vor. Es handelt sich jedoch um ein Antragsdelikt, die dreimonatige Frist für einen solchen Antrag ist im Dezember 2015 abgelaufen. Warum das Ministerium die Frist verstreichen ließ, auch darauf gibt Schröter weiterhin keine Antwort. Obwohl er bei der letzten Sitzung des Landtags vor der Sommerpause in der Fragestunde genau das versprochen hat: Er wollte die Antworten geben. Nicht geklärt ist überdies die im Plenum gestellte Frage, ob Pranz nach den Hinweisen auf die Dienstwagenrichtlinie den Wagen weiter privat nutzte und damit weiter bewusst gegen geltendes Recht verstieß. Und wieviele Verstöße das Ministerium festgestellt hat, welche Kosten dabei entstanden sind. Die Affäre könnte Kreise ziehen Politisch hat die Affäre ohnehin weitaus größere Sprengkraft. Schröter hatte bereits im Plenum offenbart, wen die Affäre noch treffen könnte: den zuständigen Abteilungsleiter. In den Jahren 2014 und 2015, also als laut Schröter schon Verdacht auf Straftaten bestand, sei die Abteilung, davon ausgegangen, „dass noch kein hinreichender Anlass bestand, die Staatsanwaltschaft einzubeziehen“, hatte der Minister erklärt. Und: „Da die Leitung der Abteilung durch einen versierten Juristen und ehemaligen Richter erfolgt, gehe ich davon aus, dass ihm nach seiner Einschätzung der damals vorliegenden Unterlagen und aus seiner Erfahrung als Richter der Zeitpunkt oder, besser gesagt, die Aktenlage nicht ausreichend erschien, um die Staatsanwaltschaft einzubeziehen.“ Wurde die Aufarbeitung der Dienstwagenaffäre im Innenressort also von hohen Ministeriellen ausgebremst? Fraglich ist auch, welche Rolle Staatskanzleichef Rudolf Zeeb in der Affäre spielt - was er von den Verstößen durch Pranz wusste. Er war bis nach der Landtagswahl im Herbst 2014 Staatssekretär im Innenministerium und wechselte mit der zweiten rot-roten Koalition in die Staatskanzlei. CDU: Aus dem Brand könnte ein Großfeuer werden Die oppositionelle CDU-Landtagfraktion sieht nun zunehmend auch Minister Schröter in der Affäre belastet. „Das Vertrauen auf wahrheitsgemäße Angaben ist weg“, sagte der Abgeordnete Sven Petke. „Offensichtlich hat die Landesregierung Schwierigkeiten, ein rechtsstaatliches Verfahren durchzuführen. Das mag damit zusammenhängen, dass der Beschuldigte der Büroleiter des Ministerpräsidenten war“, so Petke. Zunächst habe Schröter versucht, die Affäre als Lappalie darstellen, nun treibe die Presse ihn vor sich her. Auch der CDU-Innenexperte Björn Lakenmacher warf Schröter Vernebelungstaktik vor. „Schröter hat sich selbst die Chance genommen, als Minister für Recht und Ordnung bei der Aufklärung ganz vorn zu stehen.“ Die Frage sei, von wem Schröter ausgebremst wurde. Petke beschreibt es so: „Die Dienstwagenaffäre hat in der Landesregierung einen Brand ausgelöst. Wenn das so weiter geht, kann aus diesem Brand im Büro des Ministerpräsidenten ein richtiges Großfeuer werden.“