Björn Lakenmacher, MdL

Innere Sicherheit in Brandenburg

Polizei: Weniger Klimmzüge, mehr Bewerber

 Lange Zeit bestimmte der Rotstift die Stellenplanung bei der Polizei in Brandenburg. Inzwischen hat ein Umdenken eingesetzt. Nun wird verstärkt um Nachwuchs geworben. Doch viele Bewerber springen wieder ab. Jetzt beklagt die Polizeigewerkschaft, dass die Standards für die Polizeiausbildung abgesenkt wurden.
 Wegen der veränderten Sicherheitslage und einer bevorstehenden Ruhestandswelle werden in diesem Jahr so viele neue Polizisten ausgebildet wie nie zuvor seit der Wende. Für dieses Jahr sollen 400 Anwärter für den mittleren und gehobenen Dienst eingestellt werden, sagte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Freitag in der Fachhochschule der Polizei in Oranienburg (Oberhavel). Unter der rot-roten Landesregierung war die Zahl der Neueinstellungen im Zuge der Polizeireform zwischenzeitlich auf 101 im Jahr 2010 zurückgefahren worden. „Die Zeit des Personalabbaus ist vorbei“, sagte Schröter.

 

Ursprünglich sollte die Polizei seinerzeit von fast 9000 Stellen auf 7000 verkleinert werden. Doch von diesen Plänen ist das Land inzwischen abgekehrt, nicht zuletzt wegen des massiven Problems mit Einbrüchen und Autodiebstählen, aber auch wegen der Zunahme politisch motivierter Kriminalität und der Terrorbedrohung. Momentan gibt es rund 8000 Polizisten. Im kommenden Jahr sollen es 8250 sein.

 

 

Standards gesenkt?

An der Polizeihochschule werden derzeit laut Innenministerium 892 Anwärter ausgebildet. Damit sei die Hochschule „am Limit“, wie Schröter sagte. Den Einstellungen gehe ein umfangreiches Bewerbungsverfahren voraus, erklärte er und versicherte, es gebe keine Absenkung der Aufnahmekriterien. „Heruntersetzen von Kriterien für eine Einstellung als Polizeianwärter ist keine Option Das gehört ins Reich der Legenden“, sagte er und wies einen Bericht der PNN zurück.

Dem widersprach jedoch Andreas Schuster, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Die Kriterien sind gesenkt worden, definitiv“, erklärte er. So könnten Bewerber beim Sporttest jetzt zwischen verschiedenen Disziplinen wählen – etwa zwischen Bankdrücken oder Liegestützen. Die einst verpflichtenden drei Klimmzüge für Männer sind damit Polizeigeschichte.

 

Stressresistenz jetzt weniger wichtig

Diese Wahlmöglichkeit sei durchaus in Ordnung, so Schuster. Allerdings seien auch bei den psychologischen Tests, mit denen Sozialverhalten und Stressresistenz bewertet werden, die Hürden abgesenkt worden. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht eine Billig-Polizei in Brandenburg installieren, nur um die Einstellungszahlen vollzubekommen“, sagte Schuster.

Auch Björn Lakenmacher, Innenexperte der CDU, spricht von einer Niveauabsenkung. „Der Polizeidienst erfordert psychisch und physisch sehr viel und mit einem Absenken der Kriterien drohen Qualitätsverluste im Polizeidienst“, warnte er. Es sei ein gutes Zeichen, dass viele junge Leute sich für den Polizeidienst interessierten. Allerdings müsse das Land den Beruf attraktiver gestalten. „Vor allem muss die Besoldung angehoben werden und die Karriere- und Aufstiegschancen im Polizeidienst müssen deutlich verbessert werden, um nicht gegenüber anderen Bundesländern das Nachsehen zu haben“, forderte er.

Viele Beamte gehen in Ruhestand

Die Innenexpertin der Grünen, Ursula Nonnemacher, sagte, es liege im Ermessen der Polizeiführung, die Anforderungskriterien so anzupassen, dass sie einer modernen Polizeiarbeit entsprechen. „Was aus meiner Sicht nicht geht, sind Abstriche bei den Anforderungen an die Persönlichkeit angehender Polizistinnen und Polizisten und generelle Qualitätseinbußen bei der Ausbildung“, sagte sie.

Da in den nächsten Jahren viele Polizeibedienstete in den Ruhestand gehen, braucht die Brandenburger Polizei dringend Nachwuchs. Doch der Konkurrenzkampf unter den Bundesländern um geeignete Bewerber ist groß. „Wir sind verstärkt in die sozialen Medien gegangen; das kommt sehr gut an“, sagte der Präsident der Fachhochschule, Rainer Grieger. Dies sei ein Grund für die hohe Zahl an Bewerbern in diesem Jahr. Fast 7000 haben sich um eine Ausbildung in Oranienburg bemüht. Davon waren etwa die Hälfte Brandenburger, der Rest stammte aus dem übrigen Bundesgebiet.

Jeder zweite Bewerber springt ab

Allerdings springt in der Regel jeder zweite Bewerber wieder ab oder erscheint nicht zum Gespräch. Laut GdP-Chef Schuster liegt das auch an der schlechten Besoldung im Vergleich zu anderen Bundesländern. „Die kriegen ihre Ausbildungsjahrgänge nur mit Hängen und Würgen voll“, sagte er.

Die Bewerberzahl klinge vielleicht eindrucksvoll, hielt GdP-Chef Schuster dagegen. Zu Bewerbungsgesprächen kämen dann aber nur in der Regel rund 1000, weil die anderen ungeeignet seien oder im Vorfeld absprängen. „Die kriegen ihre Ausbildungsjahrgänge nur mit Hängen und Würgen voll“, sagte er.