Björn Lakenmacher, MdL

Wenn ein Boot am Steg anlegt - ist es dann ein Gebäude?

Streit über Baurecht in Brandenburg

Ein bizarrer Streit um ein Hausboot im Ruppiner See beschäftigt derzeit Justiz und Politik in Brandenburg: Der Bootsbesitzer wehrt sich gegen eine Abrissverfügung. Nun ist unklar, ob dieses Recht auch für andere Sportboote gilt.
Im vorigen Jahr ist das Hausboot von Ralf Günther plötzlich ein Fall für das Bauamt geworden: In einem Schreiben erklärte die Baubehörde des Landkreises Ostprignitz-Ruppin, dass es sich bei seinem Boot eigentlich nicht um ein Boot handle. Sondern um eine "bauliche Anlage", die vom Ufersteg des Ruppiner Sees zu entfernen sei. Gegen den Vollzug der Abrissverfügung wehrte sich Günther. Nach einer Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Potsdam entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugunsten des Neuruppiners. "Der Fall verunsichert die gesamte Wassertourismus-Branche, weil es jedes Sportboot treffen kann, sobald es an einem Steg festgemacht ist", sagte CDU-Verkehrsexperte Rainer Genilke am Montag in Potsdam. In einem gemeinsamen Antrag wollen Abgeordnete der oppositionellen CDU und der mitregierenden Linken erreichen, dass Sportboote in Brandenburg künftig von der Bauordnung ausgenommen werden. MEHR ZUM THEMA Hausboot von Ralf Günther auf dem Neuruppiner See in Neuruppin (Quelle: imago/Sebastian Gabsch/PNN) imago/Sebastian Gabsch/PNN Haus oder Boot? Neuruppiner Hausbootstreit schafft es in den Landtag Regelung für Sportboote gefordert Einen entsprechenden Gesetzentwurf will CDU-Politiker Rainer Genilke gemeinsam mit den Fraktionskollegen Björn Lakenmacher und Frank Bommert sowie dem Linke-Abgeordneten Matthias Loehr in den Landtag einbringen. "Denn sonst läuft jeder Besitzer eines Sportbootes Gefahr, dass er von der Bauaufsichtsbehörde eine Abrissverfügung für sein Boot bekommt", sagt Genilke. Loehr und Genilke erklärten bei der Vorstellung ihres Gesetzentwurfs am Montag, das SPD-geführte Verkehrsministerium sei trotz zahlreicher Gespräche nicht bereit, etwa mit einem Vollzugshinweis an die unteren Baubehörden für Klarheit zu sorgen. "Dann muss nun der Gesetzgeber handeln", sagte Loehr. "Der Wassertourismus hat für Brandenburg eine zunehmend wichtige wirtschaftliche Bedeutung." Der Sprecher des SPD-geführten Verkehrsministeriums, Steffen Streu, erklärte, sein Haus sehe keinen Handlungsbedarf. "Wasserfahrzeuge, Sport- und Charterboote benötigen keine Baugenehmigung", sagte Streu. "Dagegen unterliegen dauerhaft festgemachte schwimmende Anlagen der Bauordnung und brauchen eine Genehmigung." Zu dem laufenden juristischen Verfahren wollte sich der Sprecher nicht äußern. "Der ganze Vorgang ist teuer und absurd" Die Abrissverfügung gegen das Hausboot von Ralf Günther hatte das Oberverwaltungsgericht aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Ob die Verfügung vollzogen wird, soll nun am Verwaltungsgericht in Potsdam geklärt werden. "Der ganze Vorgang ist teuer und absurd", meinte Günther. "Nach der Argumentation der Behörde bräuchte ich eine Baugenehmigung, sobald ich an meinem genehmigten Steg festmache - und eine Abrissgenehmigung, sobald ich die Leinen löse." Der 42-Jährige ist nach eigenen Angaben Amateur-Schwimmsportler und nutzt das Boot als Trainings-Plattform. Das Boot sei nicht dauerhaft festgemacht, sondern werde regelmäßig als Sportboot genutzt. Für die rot-roten Koalitionsfraktionen im Landtag ist der Gesetzesantrag ein heißes Eisen. Es gebe zwar einen Beschluss der Linke-Fraktion, dass eine gesetzliche Klarstellung für die Sportboote notwendig sei, sagt ihr Abgeordneter Loehr. Doch nach dem Koalitionsvertrag dürfe die Linke den Koalitionspartner SPD im Landtag nicht überstimmen. "Es gibt nach unserer Initiative nun jedoch Gespräche über einem möglichen gemeinsamen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen und der CDU", so Loehr.