Björn Lakenmacher, MdL

Scharfe Kritik an längerer Hilfsfrist

CDU und Grüne sehen in Ausdehnung der Fristen für Rettungswagen „künstliche Konstruktion“ und fordern „Spiel mit offenen Karten“.

Die geplante Gesetzesänderung der sogenannten Hilfsfrist für Rettungswagen wird von den Oppositionsparteien im Landtag teils scharf kritisiert. Wie die MAZ berichtete, soll die Frist der Rettungswagen, um zum Unfallort zu gelangen, nicht mehr mit dem Eingang des Notrufes beginnen, sondern mit dem Befehl zum Ausrücken des Fahrzeuges.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Björn Lakenmacher hält das für „eine künstliche Konstruktion, um die Fristen zu verlängern.“ Lakenmacher sieht eine solche Verlängerung kritisch. „So nimmt man den Druck, den eine solche Hilfsfrist erzeugen soll. Das kann auf Dauer nicht zielführend sein.“ Thomas Jung, der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, spricht sogar von „Tricksereien“. Im Notfall gehe es um jede Sekunde. „Hier an Vorschriften herumzudoktern, ist fahrlässig.“ Bislang gilt eine Frist von 15 Minuten, die die Rettungswagen in 95 Prozent der Fälle einzuhalten haben. Allerdings widersprechen sich hierzu die Formulierungen im Gesetzestext und die einer Verordnung. Das hatte immer wieder zu Verwirrung über den Beginn der Hilfsfrist gesorgt. Im neuen Rettungsdienstgesetz soll nun ein entscheidender Satz gestrichen werden. Damit würde die Verordnung greifen und die Hilfsfrist de facto auf 17 Minuten verlängert werden. Im vergangenen Jahr hatten nur die kreisfreien Städte Potsdam, Cottbus und Frankfurt (Oder) ihre 95-Prozent-Quote der Hilfsfristen einhalten. In allen Landkreisen dagegen kamen die Rettungswagen zu häufig zu spät. Selbst die kreisfreie Stadt Brandenburg (Havel) lag unter der Quote, weil die Rettungswagen häufig in anderen Landkreisen aushelfen mussten. Grüne fordern Spiel mit „offenen Karten“ Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Ursula Nonnemacher sieht das sehr kritisch: „Das kommt mir sehr verquarzt vor. Wenn man die Hilfsfrist verändert, muss man mit offenen Karten spielen. Das ist keine Vertrauen erweckende Aktion.“ Nonnemacher, die selber als Notärztin in Berlin arbeitete, sieht die Qualität der Rettungskette als essenziell an. „Ein Notruf muss richtig verarbeitet werden. Nur so kann die Entscheidung vernünftig getroffen werden, welcher Wagen mit welcher Besatzung zur Einsatzstelle fahren soll.“ Die Verlängerung der Hilfsfrist sei bei der Gesetzesänderung aber das zentrale Thema. Laut einer Studie des Städte- und Gemeindebundes würde eine ausgedehnte Hilfsfrist auf 17 Minuten bundesweit den niedrigsten Standard bedeuten. „Wir müssen uns deswegen fragen, ob wir uns wirklich vom bundesweiten Standard absetzen wollen“, sagt Nonnemacher. Sie sei sehr gespannt auf die Anhörung im Innenausschuss des Landtages im September. Dort könnte es noch zu einer Änderung der geplanten Fristverlängerung kommen. Denn auch Vertreter der Regierungsfraktion scheinen diskussionsbereit: „Wir werden uns diese Regelung im Innenausschuss noch einmal genau angucken“, sagt der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Hans-Jürgen Scharfenberg. Rotes Kreuz hält 15 Minuten für medizinisch vertretbar Denn selbst für die Vertreter der mit den großen Distanzen im ländlichen Raum kämpfenden Rettungsdienstgesellschaften ist eine ausgedehnte Hilfsfrist auf 17 Minuten aus medizinischer Sicht nicht optimal. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das in Brandenburg in einigen Landkreisen mit dem Rettungsdienst beauftragt ist, sagt, dass Patienten spätestens 60 Minuten nach einem Notfall in einem Krankenhaus behandelt werden müssen. „Um dieses Ziel zu erreichen kann die Fahrzeit des Rettungsdienstes zum Einsatzort bei maximal 15 Minuten liegen.“ In diese Zeit bereits eingeschlossen ist die Zeit, die für die Verarbeitung des Notrufes benötigt wird. Damit befürwortet das DRK die aktuell geltende Regelung. Unterdessen interpretiert der Landkreistag die Veränderungen am Gesetz anders: Die Hilfsfrist werde gar nicht verändert, sagte die Beigeordnete für Gesundheitswesen Jutta Schlüter. „Es wird nur die gängige Praxis der Landkreise in das Gesetz übernommen. Die Änderung ist eine Klarstellung, um die Diskussion endlich zu beenden.“ Schlüter sieht stattdessen die wichtigen Probleme im eklatanten Fachkräftemangel und den „exorbitant gestiegenen“ Notrufzahlen. „Hier muss etwas passieren“.