Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) will die starken Polizeikräfte in der Grenzregion zu Polen vorerst nicht verringern. Dennoch sieht er Fortschritte vor allem beim Bekämpfen von Diebstählen. Die Polizeigewerkschaften wollten Woidkes Optimismus nicht teilen. Die drei Polizei-Hundertschaften, die seit gut einem Jahr an Brandenburgs Ostgrenze im Einsatz sind, blieben unbefristet vor Ort, sagte der Minister am Mittwoch in Potsdam. Zudem solle die Zusammenarbeit mit den polnischen Sicherheitsbehörden vertieft werden.
«Wir sind gerade dabei, in Polen eine zweite Fahndungslinie aufzubauen», erklärte der Leiter der «Soko Grenze», Jens Starigk. Allerdings sei das neue deutsch-polnische Polizeikooperationsabkommen noch in der Schwebe.
Nach Woidkes Überzeugung hat sich die Situation in den 24 Gemeinden entlang der Grenze verbessert. «Der verstärkte Einsatz der Polizei hat unter dem Strich klare und teilweise sehr deutliche positive Ergebnisse bewirkt», sagte er. Vor allem die Zahl der Diebstähle sei rückläufig. Laut Ministerium gab es 2012 rund 20 250 Straftaten in der Grenzregion - etwa 1700 weniger als im Vorjahr (8 Prozent). Die Aufklärungsquote stieg um 5,2 auf 53,4 Prozent.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) zeigte sich trotz der positiven Zahlen besorgt. BDK-Landesvorsitzender Wolfgang Bauch stellte am Mittwoch fest, dass der hohe Personaleinsatz in Sonderkommissionen an der Grenze zu Lasten der normalen Polizeiarbeit gehe. Kriminelle könnten sich darauf leicht einstellen und würden die Lücken im regulären Polizeibetrieb «skrupellos ausnutzen». Das Sicherheitsgefühl der Menschen in der Grenzregion sei nach wie vor beeinträchtigt.
Die brandenburgische Gewerkschaft der Polizei (GdP) stellte in einer Mitteilung fest, die leicht gesunkenen Fallzahlen seien «das Ergebnis der Arbeit einer Polizei am Limit, aber auf Dauer kein Trend.» GdP-Landesvorsitzender Andreas Schuster forderte eine vertragliche Vereinbarung zwischen Deutschland und Polen zur Bekämpfung der Grenzkriminalität. Auch die innenpolitische Sprecherin der Brandenburger Grünen-Fraktion, Ursula Nonnemacher, sprach sich für eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Sicherheitskräften Polens und der benachbarten Bundesländer aus.
Die brandenburgische CDU warf Woidke vor, er habe knapp 750 Polizeistellen an der Grenze ersatzlos abgebaut. «Der Innenminister setzt weiter nur einseitig auf kurzfristige Showeffekte anstatt ein schlüssiges und überzeugendes Konzept vorzulegen, wie er die innere Sicherheit in Brandenburg dauerhaft garantieren will», sagte der innenpolitische CDU-Sprecher Björn Lakenmacher. Antworten sei Woidke bislang schuldig geblieben.
Kriminalitätsschwerpunkte sind dem Innenministerium zufolge Städte wie Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt oder Guben. «Nach wie vor ist Frankfurt die Hauptstadt der Autodiebe», sagte Polizeirat Starigk. 2012 wurden in der Kleiststadt 264 Autos gestohlen; ein Jahr zuvor waren es 243. Als besorgniserregend bezeichnete der Soko-Chef die Entwicklung von Einbrüchen in Wohnungen und Garagen in Frankfurt: 2012 wurde ein Plus von 33 beziehungsweise 52 Prozent registriert. Auch das Berliner Umland sei verstärkt von Einbrüchen betroffen, hieß es. Landesweit wurden im vergangenen Jahr 665 gestohlene Fahrzeuge von der Polizei sichergestellt - rund 100 mehr als ein Jahr zuvor.
Auch wenn zahlreiche Straftaten aufgeklärt und Täter ermittelt werden konnten, fühlen sich die Menschen an Oder und Neiße nicht sicher. Zuletzt hatte der Landesbauernverband (LBV) Alarm geschlagen. Bei einer aktuellen LBV-Umfrage hätten 78 Prozent der Betriebsleiter angegeben, dass sich ihr Sicherheitsgefühl im vergangenen halben Jahr verschlechtert habe, hieß es. Von 170 teilnehmenden Betrieben hätten 117 in dem Zeitraum mehr als 200 Diebstähle gemeldet.
[Quelle: Die Welt/dpa]