Die Spionageabwehr steht in Brandenburg nicht an vorderster Stelle. Die CDU sieht den Verfassungsschutz gar überfordert und das Land gefährdet. Schuld daran sei die rot-rote Landesregierung heißt es. Diese wiederum weist alle Vorwürfe zurück und gibt den Schwarzen Peter an das Bundesamt für Verfassungsschutz.
Brandenburgs Verfassungsschutz ist aus Sicht der CDU für die Spionageabwehr nicht gerüstet. „Die Zahl der Mitarbeiter im Verfassungsschutz ist seit 2008 stetig gesunken. Spionageabwehr ist nicht mehr möglich“, kritisiert der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Björn Lakenmacher. Zählte die Behörde vor sechs Jahren noch 122 Mitarbeiter, so sind es heute laut Innenministerium 96. Für 2018 sind 83 angepeilt. In der Spionageabwehr gibt es nach MAZ-Informationen nur zwei Planstellen, eine davon in Teilzeit. Offiziell bestätigen will das niemand, das Ministerium verweist auf strikte Vertraulichkeit.
Das Innenministerium in Potsdam sieht sich für die Spionageabwehr nicht zuständig. Sprecher Wolfgang Brandt verweist auf das Bundesamt für Verfassungsschutz. Brandenburgs Verfassungsschützer konzentrierten sich auf die Aufklärung von Wirtschaftsspionage. Dazu sei man mit Unternehmen und Kammern in Kontakt. Die Beobachtung befreundeter Geheimdienste sei ohnehin „in erster Linie Thema des Bundes“, so Brandt. Notwendige Informationen würden freilich ausgetauscht. Ob die Zahl der Mitarbeiter für die Erfüllung aller Anforderungen ausreiche, ließ Brandt offen. „Aufgaben, die wir zu erledigen haben, können wir auch erledigen.“
CDU-Politiker Lakenmacher nennt es „dreist“, dass das SPD-geführte Innenministerium bei der Spionageabwehr auf nicht zuständig plädiert. „Dazu verpflichtet das Gesetz.“ Zudem habe Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), den „360-Grad-Blick“ mitbeschlossen.
Auch im aktuellen Verfassungsschutzbericht des Landes wird darauf hingewiesen, dass Spionageabwehr „hochaktuell“ ist. Laut Lakenmacher habe Brandenburg noch zu Zeiten der rot-schwarzen Koalition ein eigenes Abwehrreferat mit bis zu neun Stellen besessen. Flächenländer wie Sachsen, Bayern oder Nordrhein-Westfalen sei noch heute entsprechend ausgestattet. „In Brandenburg kann im Verdachtsfall nicht einmal eine Telefonüberwachung installiert werden. Es ist ja keiner da, der das macht“, so Lakenmacher.
MAZ-Kommentar
Personalmangel bei der Abwehr
Brandenburgs Verfassungsschutz hatte immer einen schweren Stand. Nie eigenständige Behörde, sondern stets Abteilung des Innenministeriums, wurden die Geheimdienstler oft zum Spielball von Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition. Nach der Wende galt das Hauptaugenmerk dem Rechtsextremismus. Das war politisch gewollt und angesichts der aktuellen Situation auch gerechtfertigt.
Unter CDU-Innenminister Jörg Schönbohm wurde die Abteilung sogar ausgebaut, nach den Terroranschlägen vom 11. September hatten die Sicherheitspolitiker und nicht mehr die Haushälter das Sagen. Mit Dienstantritt der rot-roten Koalition ist der Verfassungsschutz augenscheinlich wieder ins Hintertreffen geraten. Die Linken wollen den Geheimdienst sowieso abschaffen und die SPD hegt – vom Kampf gegen Neonazis abgesehen – auch nicht gerade innige Gefühle für das Häufchen Schlapphüte. Bei Personalplanungen muss die Abteilung regelmäßig Federn lassen, die eigene Führung hält offenbar nur wenig dagegen.
Seit der jüngsten CIA-Spitzelaffäre stellt sich – ob SPD und Linke das wollen oder nicht – auch für den Brandenburger Verfassungsschutz die Frage der Schlagkraft neu. Selbst SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier ruft laut nach besserer Spionageabwehr. Potsdam hat dafür eine volle und eine halbe Stelle in petto.
Danny Eichelbaum, CDU-Mitglied in der Parlamentarischen Kontrollkommission, kündigte am Montag an, das Thema dort auf die Tagesordnung zu bringen. „Angesichts der internationalen Bedrohung ist Brandenburg nicht ausreichend aufgestellt.“ Aufgabe der Kommission ist die Kontrolle des Geheimdienstes.